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Wissenschaft

ExpertInnen-Kommission Gas und Wärme legt ihre ersten Empfehlungen vor

Der Staat soll private Gaskunden in zwei Schritten entlasten: Als erstes könnte er den Monatsabschlag der Kunden für Dezember 2022 übernehmen

2022-10-11 16:25:06
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Quelle: Science Media Center Deutschland

Der Staat soll private Gaskunden in zwei Schritten entlasten: Als erstes könnte er den Monatsabschlag der Kunden für Dezember 2022 übernehmen, wie das Science Media Center Deutschland berichtet.

Als zweites könnte der Preis pro Kilowattstunde Gas ab März aufgeteilt werden: 80 Prozent des Abschlags würden auf einen Preis von 12 Cent pro Kilowattstunde subventioniert, die restlichen 20 Prozent müsste der Verbraucher in voller Höhe übernehmen. Die Differenz zwischen den garantierten 12 Cent und dem tatsächlichen Preis solle der Staat ausgleichen.

Auch wer am Ende des Jahres weniger als 80 Prozent verbraucht hat, muss diese Unterstützung nicht zurückerstatten. So solle der Sparanreiz vollständig erhalten bleiben.

Ähnlich solle auch die Industrie entlastet werden. Hier solle ab Januar für 70 Prozent des normalen Verbrauchs eine staatliche Entlastung gezahlt werden.

Das sieht der Vorschlag der ExpertInnenkommission Gas/Wärme vor, der heute in Berlin vorgestellt wurde (siehe Primärquelle). Der Gaspreisdeckel solle bis April 2024 laufen.Mit dem Verfahren will die Kommission sicher stellen, dass die Verbraucher, die mehr als 12 Cent pro Kilowattstunde zahlen müssen, einerseits entlastet werden, trotzdem aber einen Anreiz haben zu sparen.

Sie weist darauf hin, dass sie dieses Verfahren vorschlägt, weil es sich in dem von der Bundesregierung vorgegebenen Zeitrahmen umsetzen ließe. Ende Oktober sollen in einem zweiten Bericht weitere Details folgen, etwa zur zusätzlichen Abfederung sozialer Härten und einer Gasspar-Kampagne.„Grundsätzlich sei es sinnvoll, dass Gaskosten, die durch die hohen Marktpreise entstehen, entlastet werden.

Die Belastung durch die hohen Energiepreise sei enorm, deswegen seien Entlastungen sinnvoll. Die vorgeschlagene Einmalzahlung im Dezember 2022 sei grundsätzlich richtig, aber es auf die Abschlagszahlung des Vormonats (September 2022; Anm.

d. Red.) zu beziehen, könne Ungerechtigkeiten hervorbringen.

Kunden, die zum Beispiel schon sehr viel Gas eingespart haben, werden dafür bestraft, indem sie weniger Entlastung bekommen. Da wäre eine Pauschalzahlung pro Kopf sinnvoller gewesen, die besteuert wird, um den sozialen Ausgleich zu erhalten.“„Wenn schon an Verbrauchszahlen orientiert wird, dann im Vergleich zu Vorjahreswerten, damit mögliche Einspareffekte berücksichtigt werden können.

Noch besser wären Prämien für das Energiesparen, um zu vermeiden, dass der Gasverbrauch so stark nach oben geht.“„Ich sehe die große Gefahr, dass nicht ausreichend Gas eingespart wird, weil den Menschen und Unternehmen suggeriert wird, ihre Energiekosten würden weitestgehend übernommen. Das wäre das falsche Signal.

Nicht die Gaspreise müssen gedeckelt werden, sondern die Gaskosten. Und das gelingt am besten, indem das Sparen belohnt werde – oder durch eine pauschale Zahlung, die auch sozial differenziert werden kann.

Die pauschale Zahlung hätte zudem den Vorteil, dass es ein Instrument ist, welches bereits etabliert ist.“„Zudem sei die Gefahr von Mitnahmeeffekten der Versorger groß. Da die Preise derart hoch subventioniert werden, sei die Gefahr groß, dass Versorger Preise und somit Margen willkürlich erhöhen.

Daher muss Transparenz geschaffen werden und Versorger müssen verpflichtet werden, transparent zu machen, welche eigene Kostenkalkulation der Preisgestaltung gegenübersteht. Die Politik sollte regulierend eingreifen.“„Unter den aktuellen Umständen finde ich die Vorschläge grundsätzlich gut.

Insbesondere sei klar zu erkennen, dass die Kommission Anreize zum Energiesparen erhalten wollte. Zudem solle die Einmalzahlung einkommenssteuerpflichtig sein, was die verteilungspolitischen Effekte etwas verbessert.

Jedoch gibt es auch Probleme, zum Beispiel:“„Das Verfahren sei ungerecht in dem Sinne, dass es bisherige Energiesparer schlechter stellt als Haushalte, die viel Energie verbrauchen. Und zwar folgendermaßen: Stellen Sie sich vor, ein Haushalt zahlt 100 Euro Abschlag, lebt aber zu 100 Prozent ‚energieeffizient‘ (beispielsweise ein Haushalt mit vier Personen, der sparsam lebt).

Ein anderer Haushalt zahlt ebenfalls 100 Euro, sei aber nur zu 50 Prozent energieeffizient (beispielsweise ein kleinerer Haushalt, den Energiesparen bisher nicht interessiert hat). Nun bekommen beide 100 Euro geschenkt, der Haushalt, der bisher Energie verschwendet hat, habe aber die ‚einfache‘ Möglichkeit, Energie zu sparen (bis zu 50 Prozent), der Haushalt, welcher energiesparend gelebt hat, habe keine Möglichkeiten zum Energiesparen.“„Wenn wir nun noch zwischen Haushalten mit niedrigem und hohem Abschlag unterscheiden, verstärkt sich der Effekt: Logischerweise (und wissenschaftliche Evidenz bestätigt dies auch) leben Haushalte mit höherem Abschlag tendenziell weniger energiesparend.

Dies gilt nicht für jeden Haushalt, aber in der Tendenz. Überspitzt werden also die ‚Energieverschwender‘ der Vergangenheit besonders unterstützt.

Dies sei schon ungerecht, allerdings schwierig zu berücksichtigen. In der Regulierung von Netzbetreibern versucht man ähnliche Ungerechtigkeiten durch ein sogenanntes Benchmarking auszugleichen.

Bei der Datenlage und dem Zeitdruck sei dies jedoch kaum möglich.“„In der Theorie erhält der Vorschlag nach meinem aktuellen Verständnis großteils die Anreize zum Gassparen. Jedoch nur, wenn Verbraucherinnen und Verbraucher die Wirkungsweisen richtig verstehen und als Homo oeconomicus agieren.

Es gibt jedoch viele wissenschaftliche Belege, dass dies nicht so ist, insbesondere beim Energieverbrauch.“„Es sei meines Erachtens durchaus fraglich, ob wir allen Gaskund:innen helfen sollten, oder nur den wirklich vulnerablen. Es werden durch diesen Vorschlag sehr viele Haushalte unterstützt, was die Maßnahme sehr teuer macht.

Hierdurch bleibt dann weniger Budget für andere Maßnahmen.“ExpertInnen-Kommission Gas und Wärme (10.10.2022): Sicher durch den Winter. Zwischenbericht.[1] Andor MA et al.

(2018): Behavioral economics and energy conservation–a systematic review of non-price interventions and their causal effects. Ecological economics.

148, 178-210. DOI: 10.1016/j.ecolecon.2018.01.018..

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